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Nachdenken über Krieg (Gesellschaft)

verfasst von wmeyer(R), 23.09.2022, 02:27

Liebe Andrea,

bezüglich des Verweises auf Oskar Lafontaine greife ich hier partiell auf den Entwurf einer Antwort zu dem (laut Sarah) "bedeutsamen, beachtenswerten, herausragenden Artikel" von ihm in der Berliner Zeitung zurück. Diesen las ich, Deinen Wegweisern bin ich jetzt nicht gefolgt.

"Bedeutsame, beachtenswerte, herausragende Artikel" waren früher eigentlich nur Staatsratsvorsitzenden vorbehalten - aber Spaß beiseite: Sicher sind manche Argumente des Lafontaine-Artikels nicht von der Hand zu weisen (jedenfalls unter Einbeziehung meines "Stammtischwissens"), aber auch er läßt eine große Flanke offen. Wie ihr: Den von Russland gegen die Ukraine begonnenen Krieg.

Aus Angst vor Krieg einen Krieg anfangen? Nun, Rationalität ist nicht die Stärke des Menschen. Man möchte eine Pufferzone zwischen sich und den anderen? Die bekommt man aber nicht, wenn man sich der Pufferzone bemächtigt und damit dem dahinter liegenden Nachbarn an den Zaun rückt. (Ok, für die Kreml-Bewohner ginge die Rechnung auf ...)

Ich gehe mal davon aus, daß unsere Differenzen hier nicht zu klären sind, sparen wir uns also die Lebenszeit und -kraft.


Aber da wir gerade im Spiel "Du 'n Rat, ich 'n Rat" sind, möchte ich Dich und andere teilhaben lassen an dem, was ich selbst gerade lese:

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Harald Welzer
"Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden"

Verlagsinfo:
Auf beunruhigende Weise wird gezeigt, wie Tötungsbereitschaft erzeugt wird und wie wenig wir unseren moralischen Überzeugungen trauen können.

Über den Holocaust ist viel geschrieben worden, aber die wichtigste Frage ist bis heute nicht beantwortet: Wie waren all die „ganz normalen Männer“, gutmütigen Familienväter und harmlosen Durchschnittsmenschen imstande, massenhaft Menschen zu töten? Es gab keine Personengruppe, die sich der Aufforderung zum Morden verschlossen hätte, weshalb Erklärungsansätze, die sich auf die Persönlichkeiten der Täter, ihre Charaktereigenschaften, ihre psychische Verfassung richten, nicht weiterführen.

Welzer untersucht Taten aus dem Holocaust und anderen Genoziden in ihrem sozialen und situativen Rahmen und zeigt, wie das Töten innerhalb weniger Wochen zu einer Arbeit werden kann, die erledigt wird wie jede andere auch. Mit seiner sozialpsychologischen Studie öffnet sich eine Perspektive auf die Täter, die auf beunruhigende Weise erhellt, wie Tötungsbereitschaft erzeugt wird, und wie wenig Vertrauen wir in die Stabilität unserer moralischen Überzeugungen haben sollten.

https://www.fischerverlage.de/buch/harald-welzer-taeter-9783104000824

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Ich fühle mich beim Lesen bestätigt, daß die dort geschilderten Prozesse wahrscheinlich auch aktuell eine wichtige Rolle spielen, auf allen Seiten. Bedrückend.

Und anders als von den "NachDenkSeiten" erhoffe ich mir (vermutlich ebenfalls bedrückende) Einsichten von diesem gerade erschienenen Buch:

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Landolf Scherzer
"Leben im Schatten der Stürme – Erkundungen auf der Krim"

Verlagsinfo:
Die Krim – eine Region, die ein Paradies sein könnte, aber zum Spielball zerstrittener Länder wurde.

Landolf Scherzer, der „Spezialist für Recherchen vor Ort“, fuhr 2019 auf die Krim. Er ahnte nicht, dass es der Vorabend eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine war. Aber aus seinen Beobachtungen und Begegnungen wird die historische Dimension der Konflikte deutlich. Das Porträt einer Krisenregion entsteht, das weder vereinfacht noch verurteilt und dadurch umso wahrhaftiger und lebendiger ist.

„Die meisten hier haben Leidensgeschichten. Russen, Polen, Deutsche, Ukrainer … Nicht nur bei den Tataren blieb die Angst wie ein Geschwür im Kopf. Auf der Krim ist sie jetzt als Angst vor dem Krieg wieder lebendig.“

https://www.aufbau-verlage.de/aufba...n-auf-der-krim/978-3-351-03978-3

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Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang

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So eigensinnig widersprechend ist der Mensch: zu seinem Vorteil will er keine Nötigung, zu seinem Schaden leidet er jeden Zwang. (Johann Wolfgang von Goethe)

In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
(Robert Green Ingersoll)

 

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