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Dr. Harald Fuchs alias Hans Eisentraut
gestorben
Nachruf von Wolfgang Meyer
Du hast so oft gedacht,
morgen ruf ich ihn mal an,
morgen frag' ich, was er macht,
wie's ihm geht;
vielleicht freut er sich.
(aus: Herman van Veen „Casablanca“)
Es liegt an den sich bei jedem über kurz oder lang ändernden
Randbedingungen des Lebens, daß auch die Bindungen und Aktivitäten in
einem Verein gewöhnlich nicht konstant bleiben. Erst recht, wenn er
räumlich so verteilt ist wie der unsrige.
Nach meiner Erinnerung war Dr. Harald Fuchs
ein Vereinsmitglied der ersten Stunden. Ich lernte ihn als ruhigen und
bedachten Menschen kennen. Vor 15 Jahren hofften wir im Verein, in
überschaubarer Zeit eine „Gundermann-Fibel“ mit Gedanken und Texten von
Gundi und deren Wirkung auf sein Publikum erarbeiten und herausgeben zu
können: Was haben Gundis Lieder in den Zuhörern ausgelöst - zu
Lebzeiten und erst recht nach Gundis Tod? Harald war dabei, wenn wir
sortierten, katalogisierten, Mitschnitte zu Text transkribierten,
Briefe und das Kondolenzbuch sichteten. Und Gundis Lieder sangen.
Harald Fuchs war, neben seinem Beruf als
Psychotherapeut, selbst Musiker und Liedermacher. Sein musikalischer
Weg führte über die Studentenband „Progressiv“ (in Charkow/Ukraine) und
die Leipziger Gruppen „UNICUM“ und „Old Way“ hin zu „Hans Eisentraut“.
Seit 1998 - dem Jahr, in dem Gundi starb - trat Harald unter diesem
Künstlernamen solo und mit seiner Gruppe „Eisentraut“ auf. Das
Repertoire bestand überwiegend aus eigenen Liedern, ergänzt u. a. um
Songs von Wladimir Wyssozki und Gerhard Gundermann. Harald produzierte
die Hans Eisentraut-CDs „Werkstattskizzen“ Teil 1 und 2 sowie „Auf dem
Weg zu Dir“. 2005 war er Teil des Künstlerprogramms bei der
Gundermann-Party in Leipzig.
In den späteren Jahren wurden unsere
Begegnungen seltener. Vielleicht hatte er sich mehr Aufmerksamkeit
seitens des Vereins für seine künstlerische Arbeit erhofft, als ihm
gegeben wurde. Im März dieses Jahres erhielten wir von Harald die
traurige Nachricht, daß sein Mitstreiter bei UNICUM, Wolfgang Rothe,
nach kurzer schwerer Krankheit verstorben war. Zumindest wir ahnten da
nicht, daß Harald ihm sechs Monate später würde folgen müssen. Harald
Fuchs starb am 31. August 2014 - seinem 61. Geburtstag.
Daß sich unser Kontakt etwas verlor,
bedauere ich, aber dafür kann es viele Gründe geben. Traurig macht mich
allerdings - zusätzlich zu seinem Tod -, daß ich in unserem
fliedertee-radio zu seinen Lebzeiten kein Lied von Eisentraut spielte.
Das Doppelalbum „Auf dem Weg zu Dir“ war in der Fülle über die Jahre in
eine Ecke gerutscht. Er hätte sich sicher gefreut.
Dessen ungeachtet ist Harald unserem Verein
Gundermanns Seilschaft e.V. treu geblieben. Und es freute mich zu
erfahren, daß ihm offenbar in der BSG Chemie Leipzig e.V. bis zuletzt
Zuspruch und Anerkennung zuteil wurden, die jeder so nötig zum Leben
braucht.
Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und den engsten Freunden.
Wolfgang Meyer
Oktober 2014
Was ich nicht mag
(Wladimir Wyssozki, dt. Text: Hans Eisentraut)
Es tut mir weh, wenn plötzlich alles endet,
von diesem Leben werd´ ich niemals müd.
Es ist so schad´, wenn man den Tag verschwendet
mit Kranksein oder Trinken, ohne Lied.
Ich mag sie nicht, die eiskalten Gedanken,
doch auch dem lauten Jubel glaub´ ich nicht.
Vielleicht sollt´ ich noch jenem Fremden danken,
der meine Briefe liest; doch nein – das tu ich nicht.
Ich mag sie nicht, die halben Sachen und die Lücken,
wenn man das Gespräch uns unterbricht.
Ich hasse es, schießt man uns in den Rücken,
doch auch von vorn mag ich die Kugel nicht.
Ich hasse die Gerüchte, die da schleichen,
wenn Zweifel nagt und mich der Ehrgeiz sticht:
Hört endlich auf, mich gegen meinen Strich zu streicheln,
selbst leises Kratzen auf dem Glas, ich mag es nicht.
Ich hab so satt die Sicherheit, die satte,
viel besser ist, die Sich´rung brennt mal durch.
Es ist lang her, daß Ehrenwort noch Ehre hatte,
heut schlängeln sich die Worte wie ein Lurch.
Und seh ich abgebroch´ne Schwingen, bleib ich kalt,
ich will euch sagen: jedes Mitleid ist so fad.
Ich hasse Ohnmacht genauso wie Gewalt,
nur um Jesus Christus ist es schad.
Es ist die eigne Feigheit, die ich hasse,
bin wütend, wenn man Unschuldige schlägt.
In meine Seele, mein Vertrauen lasse
ich nur den ein, der mich auch nicht verrät.
Ich mag nicht große Plätze mit den großen Bändern,
wo man das große Tuch in kleine Stücke reißt.
Und sollte sich auch morgen vieles ändern:
Was ich nicht mag, das weiß ich, ja ich weiß.