„Irgendwann werd‘ ich mal was ganz Großes tun“
Eingängige Songs und zeitlose Texte zum Lachen, Träumen und Nachdenken mit dem Liedermacher Paul D. Bartsch
„Träume im Kopf, Wut im Bauch, Wärme im Herzen“ – Liedermacher Paul D. Bartsch und seine Band ließen im uns mittlerweile vertrauten Wipertihof (es war bereits das 6. Konzert, das Gundermanns Seilschaft e.V. zusammen mit dem Wipertihof gemeinsam ausrichtete) ein intelligentes Gesellschaftspanorama von heute musikalisch erklingen. Zeitlose Fragen zum Jetzt und Hier wurden in heiteren und nachdenklichen Liedern erörtert, sprachlich gekonnt und musikalisch eingängig. Wollte man so etwas wie einen roten Faden, der diesen spannenden Abend durchzog, finden – er ließe sich wohl am besten mit der uns alle beschäftigenden Frage umschreiben: Was ist übrig geblieben von unseren Träumen?
Um Bilanz ziehen ging es dabei – oder vielmehr um eine Zwischenbilanz, wie Bartsch es nennt. In Songs wie „Noch nicht alles“ „Als das Wünschen noch geholfen hat“ und „Häuschen im Grünen“ erkennt sich mancher von uns wieder. Sie bringen den einen zum Nachdenken, den anderen zum Träumen, ein Dritter wiederum fragt sich, was das Leben an sich ausmacht. Punkte, die Paul Bartsch auch immer wieder in den Zwischenmoderationen anklingen ließ. Was braucht der Mensch, um glücklich zu sein („Toskana-Blues“). Wie ist es möglich, Mensch zu bleiben in dieser irren, irren Zeit? („Ermutigung“).
Auch mit dem Thema „Freundschaft“ setzte sich der Liedermacher kritisch auseinander und formulierte eine klare Absage an die „Social-Media-Geißel“. Er bevorzuge stattdessen Freundschaften, die sich immer auch im gegenseitigen Nehmen und Geben widerspiegeln, so der Künstler. Wer wollte ihm da nicht recht geben? Und allen, die ihn darüber vielleicht altmodisch schelten, hielt er selbstbewusst entgegen: „Dafür bin ich ungeheuer retro“ – sicher einer der schönsten Songs an diesem Abend.
Der stimmige Abend bot eine schöne Gelegenheit, sich auf beschwingte Art mal wieder mit den grundlegenden Fragen unseres Seins auf diesem immer zerbrechlicher werdenden Planeten zu beschäftigen. Vielleicht war das eine wichtige Erkenntnis an diesem Abend: Es ist nie zu spät, sich Träume und Wünsche zu erfüllen. Man muss es nur tun („Irgendwann“).
Nach dem etwa dreistündigen Konzert (mit Pause) dürften bei den Besuchern der eine oder andere Song vielleicht noch lange nachgehallt haben. Einige davon besitzen durchaus „Ohrwurm“-Potenzial - wie beispielsweise „Ich komm da nich‘ mehr mit“ vom 2003 erschienenen Album „Bruchpiloten“. Eine wunderbare Ode an das (vermeintliche) Unverständnis zwischen Alten und Jungen, an die scheinbar verlorene Jugend, an das Rebellische in uns, von dem man sich vielleicht doch auch im Alter etwas bewahren sollte.
Auch „Irgendwann“, einer der drei Songs aus der „Irgendwer“ Trilogie, die Bartsch und seine Kollegen zum Besten gaben (eine Reminiszenz an Renft, laut Bartsch eine seiner wichtigsten musikalischen Wurzeln) vom 2003 erschienenen Album „Bruchpiloten“ brachte die Frage nach der Lebensbilanz und offen gebliebenen Wünschen textlich und musikalisch gekonnt auf den Punkt, wunderbar umgesetzt mit eingängiger Melodie, die dem Verfasser dieser Zeilen nicht aus dem Kopf bzw. dem Ohr wollte.
„Der kleine Junge von damals ist inzwischen längst ‚n reifer Mann
Und erwartet noch immer und schon wieder auf das Irgendwann.
Und es gab die Momente, da sagte er sich immer mal, er wär bereit,
doch nun winkt schon die Rente, und es ist immer noch nicht so weit.
Und die vielen falschen Pferde, die er schon gesattelt hat,
sind verhungert und erschossen oder fressen sich woanders satt,
und die falschen Propheten ham den Kompass oft genug verwirrt
und die echten Moneten ham sich anderswo verirrt.
Irgendwann werde ich mal was ganz Großes tun,
Irgendwann geh ich los in den erstbesten Schuhn,
und sind keine zur Hand, lauf ich auf meiner Haut;
irgendwann ist dann, wenn man sich traut.
Poetisch und eingängig in Text, Komposition und Arrangement auch der wunderschöne Song „Irgendwo“
Irgendwo hinter den sieben Bergen,
da soll es Länder geben, die noch blühn,
und du hoffst, mit den sieben Zwergen
morgen wieder ins Bergwerk zu ziehn.
Irgendwo hinter den sieben Meeren
Da lebt man noch von der Hand in den Mund.
Ach könnten wir das wieder lernen,
wir wären nicht immer satt, doch an der Seele so wund.“
Utopien, Zukunft, Heimat – Themen, mit denen sich auch Gundi intensiv auseinandersetzte. Weshalb man Paul Bartsch und ihn sicher „Freunde im Geiste“ nennen könnte – auch wenn sich beide in Stil und Sprache sicher in vielem unterscheiden, aber in manchem auch gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen. Insofern passte das Konzert von Paul Bartsch & Band bestens in das Jahresprogramm unseres Vereins.
[b]Gundermanns Seilschaft e.V. bedankt sich an dieser Stelle recht herzlich für die wieder sehr gelungene Kooperation bei den Mitorganisatoren vom Wipertihof Quedlinburg |