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Andrea(R)

22.09.2022, 19:52
 

Oskar Lafontaine mit sehenswerten aktuellen Beitrag (Gesellschaft)

34. Pleisweiler Gespräch mit Oskar Lafontaine – Wer Frieden will, muss sich von den USA befreien
21.09.2022: Hier die Rede Oskar Lafontaines beim 34. Pleisweiler Gespräch. Eine interessante Rede …
… so das große Echo der Gesprächsteilnehmer am 17. September und danach. Hier finden nun alle Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten das Video und eine Audiofassung des Vortrages.
Das Thema lautete:
Ende der Entspannungspolitik? Wer Frieden will, muss sich von den USA befreien.
Samstag, 17. September 2022 in Kapellen-Drusweiler
Das Video beginnt mit der Begrüßung durch Albrecht Müller.
Der Vortrag von Oskar Lafontaine beginnt ab Minute 9:30:

http://www.nachdenkseiten.de/?p=88304

Andrea(R)

22.09.2022, 20:29

@ Andrea
 

Oskar Lafontaine in anschließender aktueller Diskussion

Im Anschluss an die Rede von Oskar Lafontaine, am 17. September beim 34. Pleisweiler Gespräch, gab es eine rege Diskussion mit dem Publikum. Heute stellen wir Ihnen wie versprochen die Aufzeichnung der Diskussion als Video und als Audio-Podcast zur Verfügung:

http://www.nachdenkseiten.de/?p=88359

wmeyer(R)

23.09.2022, 02:27

@ Andrea
 

Nachdenken über Krieg

Liebe Andrea,

bezüglich des Verweises auf Oskar Lafontaine greife ich hier partiell auf den Entwurf einer Antwort zu dem (laut Sarah) "bedeutsamen, beachtenswerten, herausragenden Artikel" von ihm in der Berliner Zeitung zurück. Diesen las ich, Deinen Wegweisern bin ich jetzt nicht gefolgt.

"Bedeutsame, beachtenswerte, herausragende Artikel" waren früher eigentlich nur Staatsratsvorsitzenden vorbehalten - aber Spaß beiseite: Sicher sind manche Argumente des Lafontaine-Artikels nicht von der Hand zu weisen (jedenfalls unter Einbeziehung meines "Stammtischwissens"), aber auch er läßt eine große Flanke offen. Wie ihr: Den von Russland gegen die Ukraine begonnenen Krieg.

Aus Angst vor Krieg einen Krieg anfangen? Nun, Rationalität ist nicht die Stärke des Menschen. Man möchte eine Pufferzone zwischen sich und den anderen? Die bekommt man aber nicht, wenn man sich der Pufferzone bemächtigt und damit dem dahinter liegenden Nachbarn an den Zaun rückt. (Ok, für die Kreml-Bewohner ginge die Rechnung auf ...)

Ich gehe mal davon aus, daß unsere Differenzen hier nicht zu klären sind, sparen wir uns also die Lebenszeit und -kraft.


Aber da wir gerade im Spiel "Du 'n Rat, ich 'n Rat" sind, möchte ich Dich und andere teilhaben lassen an dem, was ich selbst gerade lese:

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Harald Welzer
"Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden"

Verlagsinfo:
Auf beunruhigende Weise wird gezeigt, wie Tötungsbereitschaft erzeugt wird und wie wenig wir unseren moralischen Überzeugungen trauen können.

Über den Holocaust ist viel geschrieben worden, aber die wichtigste Frage ist bis heute nicht beantwortet: Wie waren all die „ganz normalen Männer“, gutmütigen Familienväter und harmlosen Durchschnittsmenschen imstande, massenhaft Menschen zu töten? Es gab keine Personengruppe, die sich der Aufforderung zum Morden verschlossen hätte, weshalb Erklärungsansätze, die sich auf die Persönlichkeiten der Täter, ihre Charaktereigenschaften, ihre psychische Verfassung richten, nicht weiterführen.

Welzer untersucht Taten aus dem Holocaust und anderen Genoziden in ihrem sozialen und situativen Rahmen und zeigt, wie das Töten innerhalb weniger Wochen zu einer Arbeit werden kann, die erledigt wird wie jede andere auch. Mit seiner sozialpsychologischen Studie öffnet sich eine Perspektive auf die Täter, die auf beunruhigende Weise erhellt, wie Tötungsbereitschaft erzeugt wird, und wie wenig Vertrauen wir in die Stabilität unserer moralischen Überzeugungen haben sollten.

https://www.fischerverlage.de/buch/harald-welzer-taeter-9783104000824

-----------------

Ich fühle mich beim Lesen bestätigt, daß die dort geschilderten Prozesse wahrscheinlich auch aktuell eine wichtige Rolle spielen, auf allen Seiten. Bedrückend.

Und anders als von den "NachDenkSeiten" erhoffe ich mir (vermutlich ebenfalls bedrückende) Einsichten von diesem gerade erschienenen Buch:

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Landolf Scherzer
"Leben im Schatten der Stürme – Erkundungen auf der Krim"

Verlagsinfo:
Die Krim – eine Region, die ein Paradies sein könnte, aber zum Spielball zerstrittener Länder wurde.

Landolf Scherzer, der „Spezialist für Recherchen vor Ort“, fuhr 2019 auf die Krim. Er ahnte nicht, dass es der Vorabend eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine war. Aber aus seinen Beobachtungen und Begegnungen wird die historische Dimension der Konflikte deutlich. Das Porträt einer Krisenregion entsteht, das weder vereinfacht noch verurteilt und dadurch umso wahrhaftiger und lebendiger ist.

„Die meisten hier haben Leidensgeschichten. Russen, Polen, Deutsche, Ukrainer … Nicht nur bei den Tataren blieb die Angst wie ein Geschwür im Kopf. Auf der Krim ist sie jetzt als Angst vor dem Krieg wieder lebendig.“

https://www.aufbau-verlage.de/aufba...n-auf-der-krim/978-3-351-03978-3

-----------------

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang

---
So eigensinnig widersprechend ist der Mensch: zu seinem Vorteil will er keine Nötigung, zu seinem Schaden leidet er jeden Zwang. (Johann Wolfgang von Goethe)

In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
(Robert Green Ingersoll)

wmeyer(R)

29.09.2022, 15:51

@ wmeyer
 

"Leben im Schatten der Stürme"

» Landolf Scherzer
» "Leben im Schatten der Stürme – Erkundungen auf der Krim"

Am Freitag vergangener Woche gab es im Deutschlandfunk Kultur in der Sendung "Lesart" ein ca. 12-minütiges Gespräch mit Landolf Scherzer.

Hier kann es nachgehört/runtergeladen werden:

https://www.deutschlandfunkkultur.d...r-schatten-stuerme-krim-100.html
https://download.deutschlandfunk.de...m_drk_20220923_1009_89709b11.mp3

Und heute erschien in der Tageszeitung nd.DerTag eine Rezension des Buches:

"Schau dir nur die Menschen an"
"Leben im Schatten der Stürme": Landolf Scherzer war unterwegs auf der Krim
Von Irmtraud Gutschke

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1...hau-dir-nur-die-menschen-an.html

Landolf Scherzer war übrigens Gast auf einer der ersten Gundermann-Parties.
Und Irmtraud Gutschke ist auch nicht "irgendwer".

Mit Gruß
Wolfgang

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So eigensinnig widersprechend ist der Mensch: zu seinem Vorteil will er keine Nötigung, zu seinem Schaden leidet er jeden Zwang. (Johann Wolfgang von Goethe)

In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
(Robert Green Ingersoll)

Elke(R)

E-Mail

Leipzig,
23.09.2022, 00:08

@ Andrea
 

Presseschau

Hallo Andrea,

ich hab mir die von Dir angepriesenen "NachDenkSeiten" mal angeschaut und war etwas enttäuscht als ich bemerkte, dass Dein Beitrag hier lediglich ein copy&paste des dortigen Einleitungstextes waren. Wenn der Beitrag dort Dich so bewegt hat, schreib` doch auch persönlich etwas dazu - unser Forum ist ja nicht nur als schnöde Blaupause anderer Internetseiten gedacht.

Als Nicht-Lafontaine-Fan hab' ich auf der Hauptseite etwas runtergescrollt bis zum Propaganda-Artikel von Albrecht Müller. Dort gefiel mir gut das Zitat aus seiner Regionalzeitung: „Die Ukrainer sind Hambacher. Das Europa der Freiheit wird an seiner Ostgrenze verteidigt ...". Insofern danke für Deinen Link, ohne ihn hätte ich diesen Vergleich nicht gelesen - ich finde ihn sehr treffend und gut. Ansonsten kam ich mir auf den "NachDenkSeiten" tatsächlich sehr von Propaganda umstellt vor (das tat selbst meiner alten Ossi-Seele weh) und ich werde keine treue Leserin.

Ich hab' auch einen Link für Dich (nur ein sehr kurzer Text): Teilmobilisierung voller Erfolg

Grüße aus Leipzig
von Elke

wmeyer(R)

23.09.2022, 02:22

@ Elke
 

Presseschau

Liebe Elke,

nun ist es an mir, Dir zu danken.

Auch ich kann mit den "NachDenkSeiten" nichts anfangen, jedenfalls nicht mit der Art der Argumentation. War dort vor einiger Zeit schon mal im Zusammenhang der Covid-19-Diskussion. Hat mir nicht weiter geholfen. Und auch mir lag auf der Zunge, wenigstens um ein paar persönliche Bezüge zu den angepriesenen Beiträgen zu bitten.

Herzliche Grüße
Wolfgang

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So eigensinnig widersprechend ist der Mensch: zu seinem Vorteil will er keine Nötigung, zu seinem Schaden leidet er jeden Zwang. (Johann Wolfgang von Goethe)

In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
(Robert Green Ingersoll)

Andrea(R)

23.09.2022, 09:15

@ Elke
 

Presseschau

Liebe Elke, lieber Wolfgang,

recht herzlichen Dank für Eure Gedanken zu Lafontaine, dem Krieg in der Ukraine und den NachDenkSeiten.
Leider habt Ihr nicht Eure Meinung zu den den von Lafontaine geäußerten Argumenten kundgetan.
Mein Beweggrund, auf die Rede von Lafontaine hinzuweisen, das war, das ich gerade die Talkshows von Maischberger und Lanz (und im nachhinein auch die von Illner heute morgen) zum Thema Waffenlieferungen an die Ukraine im TV verfolgt hatte und erschüttert war, das 100 % aller Gäste in allen drei Diskussionsrunden sich gegenseitig überbietend sofort schwere Waffen für den Krieg in der Ukraine gefordert haben. Ehrlich gesagt, das hat bei mir wahnsinnige Angst verursacht. Diese derzeitige Kriegshysterie, die Lüsternheit nach großen Mordinstrumenten, ist für mich - die ich hier in Kühlungsborn vier Kinder großgezogen habe - schwer zu ertragen.
Es gibt keine Stimmen des Friedens und der Völkerverständigung mehr, der Diplomatie und des Ausgleichs, nur 100 Milliarden für Waffen und zusätzlich die Aufrüstungskosten weiter zu steigern auf über 2% gemäß NATO-Forderung.
Wer soll das alles bezahlen, zu wessen Lasten geht das? Natürlich dem unserer Kinder, Enkel und Urenkel! Wenn sie überhaupt die Zukunft noch erleben bei dieser hingebungsvollen beweihräuchernden zärtlichen Liebe zu Leo`s und Mardern, zu Panzern, Haubitzen...
Als ich jetzt den Hinweis auf die nachdenkliche Rede von Lafontaine zu Krieg und Frieden bekommen habe, der ja eine große Rolle in der Friedensbewegung der 70er & 80er Jahre gespielt hat, habe ich das als sehr wohltuend empfunden.
Ich habe 1990 die SPD, danach viele Jahre die Grünen, und dann, als diese beiden Parteien ab 1999 den NATO-Krieg auf dem Boden Ex-Jugoslawiens und die Bombardierung der Hauptstadt Belgrad begrüßten und unterstützten, die PDS bzw. Die Linke gewählt. Heute muß ich konstatieren, das selbst Teile der Linken Aufrüstung und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete - und damit Mord und Totschlag - unterstützen.
Aber Menschenleben in der Ukraine, in Russland, im Jemen, Afghanistan, Irak, Syrien, Kuwait, Libyen und früher in Vietnam, Laos und Kambodscha, sie sind alle gleich viel wert.
Die für mich prägenden Bücher meiner Jugend in der DDR, gerade auch als frühere Bibliothekarin und Buchhändlerin, waren die Anti-Kriegsromane "Im Westen nichts Neues" (Erich Maria Remarque), "Die Stunde der toten Augen" (Harry Thürk), "Adel im Untergang (Ludwig Renn), "Die Lebenden und die Toten" sowie "Man wird nicht als Soldat geboren" (beide Konstantin Simonow).
Dieses Grauen des Krieges soll ich nun verlängern helfen - Frieren für den Frieden? - Hungern für die westlichen Werte? - Licht aus für Deutschlands Freiheit? - Warmes Wasser aus für die Ukraine? - Waschlappen statt Dusche?.
"Deutschlands Freiheit" wurde schon die letzten 20 Jahre am Hindukusch durch die Bundeswehr verteidigt. Das Ergebnis: 59 tote deutsche Soldaten und tausende tote Afghanen mit anschließender Flucht der Bundeswehr aus dem Land. Jetzt also weiter und wieder an der Ostfront gegen Russland?
Wieder wie zu DDR-Zeiten für die NVA wird seit Jahrzehnten heute bei uns im Schulunterricht an BRD-Schulen Militär-Werbung und Propaganda für die Tätigkeit in der Bundeswehr gemacht. Zumindest hat die NVA kein anderes Land überfallen und bombardiert wie die Bundeswehr in Belgrad und Afghanistan.
Alles das geht mir durch den Kopf und ich will den Hurra-Patriotismus deutscher Politiker und Militärs einfach nicht mehr mitmachen.
Deshalb habe ich die Rede von Lafontaine, des fast einzigsten Politikers heute in Deutschland, der sich gegen Krieg und Waffenlieferungen ausspricht, auf den NachDenkSeiten von Albrecht Müller, ehemaliger Planungschef im Bundeskanzleramt unter den Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt, empfohlen und nicht die Reden der Waffennarren Strack-Zimmermann, Röttgen, Graf Lambsdorff, Klingbeil, Baerbock, Habeck, Hofreiter & Co.

Mit vielen Grüßen

Andrea aus Kühlungsborn

GUNDERMANNFAN(R)

Homepage E-Mail

23.09.2022, 21:43

@ Andrea
 

Presseschau

Hallo Andrea,

du wirst hier wahrscheinlich niemanden bekehren.
Oder glaubst du wirklich, dass Gerhard Gundermann ein Prophet war, der den Auftrag hatte eine Bibel für Atheisten zu verfassen? In der jetzigen Situation helfen Gespräche auf höchster Ebene.
Für mich gibt es 2 Szenarien, der totale Krieg oder ein Wunder. Es wird Nummer 2, aber vorher steht das Leiden.

Liebe Grüße an die schöne Ostsee.

Andreas aus Weimar

---
In jedem Gedanken, in jedem Wort und jeder Tat verbirgt sich im Kern die Dualität des Lebens und des Todes. Ich suche das Leben.

GUNDERMANNFAN(R)

Homepage E-Mail

24.09.2022, 21:26

@ GUNDERMANNFAN
 

Presseschau

„Ich mache meinen Frieden mit all den Idioten,
die die Welt behüten woll'n, mit ihren linken Pfoten
Mit jedem Samurai und jedem Kamikaze
Mit jedem grünen Landei und auch mit jeder Glatze,
die die Welt nicht bessern können, aber möchten,
mit viel zu kurzen Messern in viel zu langen Nächten.“

Johannes 15,5

---
In jedem Gedanken, in jedem Wort und jeder Tat verbirgt sich im Kern die Dualität des Lebens und des Todes. Ich suche das Leben.

Christine(R)

24.09.2022, 19:26
(editiert von Christine, 24.09.2022, 19:31)

@ Andrea
 

Grits Statement

Als ich das erste Mal nach Hoywoy kam, lernte ich Grit Maroske kennen, eine von ganz vielen dort, die Gundis Lieder genauso liebt wie ich. Wir kennen uns seither lange, ich weiß, dass sie eine von denen war, die bei dem Progrom 1991 fassungslos dastand, ihr schlug viel Feindseligkeit entgegen damals. Jetzt hat sie einen Text verfasst, der vielen aus dem Herz gesprochen ist...

"Eine Partei, die sich nicht eindeutig und 100%ig von einem imperialistischen, faschistischen Angriffskrieg und seinem Anstifter - einem menschenfeindlichen, machthungrigen Despoten distanziert, kann nicht mehr meine Partei sein.
Eine Partei, die nicht 100%ig Solidarität mit einem überfallenen, gequälten, geplünderten Volk zeigt, kann nicht mehr meine Partei sein.
Eine Partei, deren Vertreter von einem "Wirtschaftskrieg" gegen Russland sprechen, während in der Ukraine ganze Landstriche pulverisiert, Menschen verschleppt, gefoltert, vergewaltigt, abgeschlachtet werden, während Krankenhäuser, Kindergärten, Wasser- und Energielieferanten, Betriebe, Schulen, Altersheime zum Ziel von russischen Granaten werden, während Millionen Ukrainer auf der Flucht sind, Angst um ihr Leben und das ihrer Liebsten haben, ihr gesamtes Hab und Gut, ihre Gesundheit und ihre Freiheit verlieren, während eine autonome, selbstbestimmte Nation unterdrückt und ausgelöscht, ihre Kultur und Identität zerstört werden soll, kann nicht mehr meine Partei sein.
Wenn es "links" sein soll, ein ganzes Land, seine Bevölkerung, seine selbst gewählte Unabhängigkeit einem Faschisten zum Fraß vorzuwerfen statt es mit allen Mitteln zu unterstützen, dann bin ich nicht links.
Meine unbedingte Solidarität gilt dem überfallenen Volk der Ukraine und meine ganze Abscheu dem Handeln des Kreml. Da gibt es nicht zu verteidigen, nichts zu relativieren. Es gibt keinerlei Grund, von einem "Wirtschaftskrieg" gegen Russland zu sprechen, denn die Sanktionen sind zum einen notwendig, um Russland klar zu machen, dass die internationale Gemeinschaft diese Art der imperialistischen Kriege nicht duldet und zum anderen: wer so etwas auch nur denkt, spuckt den Opfern der russischen Kriegsverbrechen in Butcha und überall in der Ukraine ins Gesicht. Er spuckt den Vertriebenen, den Trauernden, den Kämpfenden, den Überlebenden ins Gesicht, er spuckt auf ihre persönlichen Verluste, ihre Träume, ihr Streben nach Unabhängigkeit und demokratischen Wandel.
Ich bin und bleibe Antifaschistin. Ich bin und bleibe engagiert gegen Rassismus, Faschismus, Rechtsextremismus, soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung".

Für mich selbst ist das übrigens alles nicht ganz so eindeutig, ich kann auch versuchen, Pazifisten zu verstehen, die nicht wollen, dass Waffen geliefert werden. Und doch bin ich froh, dass die Waffen geliefert werden. Denke auch an die ukrainischen und russischen Mütter, die ihre Söhne verlieren (ich habe auch drei), dann kommt mein Pazifismus wieder durch ("nein, meine Söhne geb ich nicht")...und nicht zuletzt frage ich mich oft, was aus der 16jährigen Ukrainerin wurde, die sich neulich versucht hat, das Leben zu nehmen und die ich notfallmäßig psychiatrisch versorgt habe. Sie war so hoffnungslos, hier alleine mit einer älteren und einer ganz kleinen Schwester, einem sehr kleinen Neffen, die Eltern weiterhin in der Gegend um Cherson...

Nur: Polemik ist nicht hilfreich. Und die Nachdenk-Seiten meist auch nicht, da würde ich mich Elke anschließen, danke Dir. Und Dir, Wolfgang, auch danke für die Buchtipps.

Grüße aus Tübingen Christine

Andrea(R)

25.09.2022, 00:58

@ Christine
 

Grits Statement

Liebe Christine,

selbstverständlich bin ich - wie bereits oben dargelegt - gegen jeden Krieg weltweit, deshalb natürlich auch gegen den Krieg Russlands in der Ukraine.
Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diesen völkerrechtswidrigen Krieg gegen ein anderes Land, auch wenn man die Vorgeschichte, die Ursachen und Hintergründe, nicht ausblenden kann und darf. Ich verurteile alle Kriege, ganz egal von wem und aus welchen Gründen auch immer.
Sofortige Hilfe für das ukrainische Volk in Form von Lebensmitteln, Kleidung, Arzneimitteln und medizinischen Geräten finde ich richtig - aber nicht militärische Tötungsmittel wie Waffen.
Waffen zu liefern heißt auch in der Konsequenz nach amerikanischem Selbstverständnis, jedem Bürger unbeschränkt Waffenzugang zu ermöglichen. Vor kurzem hörte ich im TV, das jeden Tag in den USA weit über Hundert Menschen ermordet werden und die US-Waffenlobby die stärkste Macht im Weißen Haus hat. Es sei abolut chancenlos dagegen anzukommen. Deshalb befürworte nach den vielen Morden an den Schulen auch der US-Präsident die pflichtmäßige Bewaffnung aller Lehrer zur Verteidigung - ein Mittel, um Gewalt, Mord und Totschlag an den Schulen prophylaktisch zu verhindern?
Ich befürworte nicht - wie von Dir dargelegt - den Begriff des Faschismus gegenüber Putin und seiner Clique, denn er ist aus meiner Sicht damit eine Relativierung, eine Verharmlosung der Untaten Hitlers und Mussolinis, die 80 Millionen Tote auf dem Gewissen haben, mit grausamsten Verbrechen wie in den Konzentrationslagern.
Sollte es aus Deiner Sicht gerechtfertigt sein, Putin mit Hitler auf eine Stufe zu stellen, dann muß man aber unter diesem Gesichtspunkt auch diverse US-amerikanische Präsidenten als Faschisten bezeichnen. Zum Beispiel Truman, der zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwerfen ließ mit Hunderttausenden Toten in der Folge, obwohl Japan schon militärisch besiegt war und ab 1950 die militärische Intervention zum Koreakrieg veranlasste. Oder die US-Präsidenten Johnson und Nixon, die beide den Vietnam-Krieg mit über 3 Millionen vietnamesischen Kriegsopfern und den massiven Einsatz von Agent Orange und Napalm zu verantworten haben. US-Präsident Reagan für die militärische Intervention in Grenada 1983, Präsident Bush sen. für die Invasion in Panama 1989/90, Präsident G. W. Bush für den Irak-Krieg und den Afghanistan-Krieg, Obama für die Intensivierung der vielen Drohnenmorde - und alle zusammen für die Organisation von Militärputschen in aller Welt wie in Chile 1973. Dazu kommen die Verantwortung für den Rassismus, die Rassentrennung bzw. Diskriminierung von Afroamerikanern und Hispanics in den USA durch Polizei und Justiz, die Unterstützung der Apartheid-Regierung in Südafrika...
Wo waren da die militärische Unterstützung der BRD für die überfallenen Staaten und die Sanktionen gegen den brutalen Aggressor USA?
In der DDR wurde uns schon als Kind der Gedanke der Solidarität, die aktive Hilfe und Unterstützung eingeimpft, von der Muttermilch über die Pionierorganisation bis zur FDJ, für überfallene und unterdrückte Völker wie in Vietnam, Chile, Nicaragua, Angola und Moçambique, mit Nelson Mandela & dem ANC in Südafrika, mit Angela Davis in den USA, der portugiesischen Revolution 1974. Mein Bruder war in den Solidaritäts-Brigaden der Freundschaft der FDJ als Ingenieur mit Spanisch-Kenntnissen in Nicaragua und Kuba lange Zeit tätig und berichtete uns von den vielfältigen Attacken der USA gegen die Revolutionsregierungen beider Staaten. Engagierte vielfältige Hilfe und Unterstützung gab es für den Aufbau in der Wirtschaft, in Industrie und Landwirtschaft, jedoch Waffen wurden nie geliefert.
Meine Meinung ist und bleibt deshalb seit jeher: Konfliktlösungen müssen immer mit friedlichen Mitteln erfolgen. Jedes einzelne Menschenleben zählt mehr als alle Kämpfe mit menschenvernichtenden Waffen für welches Ziel und für welche Ideologie auch immer.
Der totale Ausfall der Medien als vierte Gewalt im Staat durch fehlende kritische Berichterstattung gegenüber den Herrschenden und ihre einseitige gewaltverherrlichende Politik des Waffen-Fetischismus als alleiniges Allheilmittel zur Lösung von Problemen auf der Erde unter Verkennung anderer Möglichkeiten, die vollständig einseitige Informationsgebung und die Manipulation durch Vermittlung von Halbwahrheiten, Verdrehung von Tatsachen und dem Verschweigen unbequemer Fakten - alles das erinnert mich an unangenehme Zeiten aus der Vergangenheit.

Mit vielen Grüßen aus Kühlungsborn

Andrea

Christine(R)

25.09.2022, 12:11

@ Andrea
 

Grits Statement

Liebe Andrea, ich stelle nicht Putin mit Hitler gleich, natürlich nicht, auch Grit nicht. Trotzdem kann ich sie schon verstehen, dass sie Russland faschistisch nennt, das kann ich nachvollziehen, es ist eine neue Form von Faschismus, in der Blogger zur Landung in Moskau gezwungen werden, in der ein Regime wie Belarus unterstützt wird, in der Soldaten aus entlegenen Regionen verheizt werden...aber ist ja schön zu hören, dass du auch den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilst.

Und auch ich sehe jeden Völkerrechtsbruch durch die USA sehr kritisch, das ist für uns in den letzten Jahrzehnten ja Alltag gewesen. Wir stehen zwischen zwei Fronten, die keinen Spaß verstehen und denen es um Macht geht, mit welchen Mitteln ist egal. Die Politiker, die das alles jetzt machen und entscheiden müssen, ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Vielleicht kannst du Dir auch mal den Gedanken leisten, dass nicht jeder zuschauen möchte, wie Russland die Ukraine einnimmt und dort Menschenrechte verletzt? Vielleicht liest du dir einfach die Beiträge von Elke, Grit und Wolfgang noch mal durch? Und Deine Einschätzung der Medien wirkt für mich sehr "Nachdenkseiten"-geprägt. Mir wurden von unseren Medien Völkerrechtsbrüche auch immer als solche dargestellt, auf beiden Seiten. Ich denke insgesamt, dass das Thema auch hier inzwischen zur Genüge besprochen wurde, ehrlich gesagt.

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