Gerhard Gundermann trifft: (Gundermann)
Erich und Margot
Der Geist von Weimar generiert den 25. August 1989.
Es ist Freitag, aus dem bedeckten Himmel über Weimar fallen ein paar Tropfen.
Im Elephantenkeller steht Oberkellner Siggi im Office. Er zündet sich eine f6 an und nimmt einen großen Schluck von seinem frisch gezapften Radeberger. Es ist ein komischer Tag, denkt er sich. Um 14:30 Uhr ist das Mittagsgeschäft vorbei, im Gastraum sitzen einige Menschen, die sich von den anderen Gästen unterscheiden. Am auffälligsten sind zwei junge Männer direkt am Tisch neben der Officetür. Der eine sieht aus wie ein Punk. Er ist groß, kräftig, hat dunkle Haare und wirkt rau. Der zweite Mann an diesem Tisch trägt Jeans, ein Fleischerhemd, hat dünnes blondes Haar und eine große Brille im Gesicht. Er ist kleiner und schmaler als sein Gegenüber. Die beiden Männer sitzen seit Stunden da und unterhalten sich, sie scheinen alles um sich herum völlig ausgeblendet zu haben. Der eine heißt Dieter Ehrlich, genannt Otze und der andere heißt Gerhard Gundermann, genannt Gundi.
Siggi weiß nicht so recht, was er von den beiden halten soll. Er denkt, die passen überhaupt nicht zusammen, um dann festzustellen, dass sie vielleicht gerade deshalb gut zusammenpassen. Normal sind sie jedenfalls nicht. Der eine hat schon das zehnte Radeberger geleert, der andere ist beim dritten Fliedertee angekommen.
Plötzlich wird es unruhig im Lokal. Ein älteres Paar tritt ein, begleitet von drei Männern. Otze und Gundi bemerken die Unruhe und starren zum Eingang. Sie sehen etwas, das sie beide erregt. Erich und Margot Honecker stehen im Lokal. Sie gehen mit ihren Begleitern in einen abgetrennten Bereich und nehmen dort Platz. Otze ruft den Oberkellner und verlangt von ihm in einen scharfen Ton einen großen Notizblock und einen Stift. Er fragt Gundi: Globste ooch was ich globe? Gundi antwortet: ну погоди! Genau, antwortet Otze.
Zuerst schreibt Otze etwas auf den Block, reißt die Seite ab und faltet sie. Er gibt Gundi den Block. Gundi schreibt auch eine Seite und faltet sie ebenfalls. Beide stehen auf und gehen zu den Honeckers. Otze gibt Erich seinen Zettel mit den Worten: Hier Honi, der ist für dich! Gundi gibt Margot seinen Zettel und sagt zu ihr: Sie sind Kommunistin und ich bin Kommunist. Genossin, wer Kommunist sein will, sollte zuerst beten lernen. Dann verlassen die beiden den Elephantenkeller.
Erich entfaltet den Zettel von Otze, auf dem steht: Ich habe heute diesen Kunden getroffen. Er hat es irgendwie geschafft, eine Tür in mir zu öffnen und mir einen Raum dahinter zu zeigen, den ich bisher nicht kannte. Das hat mein heißes Blut gekühlt. Als ich euch hereinkommen sah, ist die Tür in mir zugeflogen und mein Blut begann wieder zu kochen. ER-ich, auch du bist ein Abbild Gottes, trotzdem haue ich jetzt ab, weil ich deinen Anblick nicht ertragen kann. Dafür bezahlst du jetzt meine Zeche!
Margot öffnet den Zettel, den sie von Gundi bekommen hat und beginnt zu lesen.
Werte Margot, ich erinnere mich an die Zukunft. Die Sieger schreiben die Geschichte, sie werden dir Hörner in den Kopf schrauben, Auge um Auge, Zahn um Zahn! Ich versuche es mal mit Liebe und Wahrheit.
Margot
Sie wurde 1927 geboren,
Frau Feist war eine intelligente Frau,
sie hatte sich dem Kommunismus verschworen,
sie machte viele Kinder schlau.
Am 8. Mai da wurde Frieden,
nach 12 Jahren Dunkelheit,
4 Jahre später war geschieden,
das Vaterland, es war entzweit.
Margot und Erich, sie waren bereit,
dem Mutterland zu dienen,
sie waren zu zweit,
auf der Weltbühne erschienen.
Pestalozzi und die Zehn Gebote,
hat Frau Honecker studiert,
ein Volk wollte sie bilden,
damit es sich nie mehr verirrt.
Im Herbst 1989 kam die Wende,
fast 3 Jahrzehnte war sie Ministerin,
die Volksgebildeten forderten ihr Ende,
sie hatten anderes im Sinn.
Margot und Erich, vom Volk geächtet,
mussten nach Chile fliehen,
die Volksbildung wurde vernichtet,
die Folgen können wir heute sehen.
Der deutsche Michel wird mal begreifen,
es ist das Dümmste was geschah,
die Volksbildung abzustreifen,
1990 im Beitrittsjahr.
Nach kurzem Schweigen fragt Erich Margot: Was ist nur los in unserem Land? Margot reicht Erich ihren Zettel und sagt: ich glaube unser Ausflug nach Weimar hat sich gelohnt.
Gesegnete Pfingsten!
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In jedem Gedanken, in jedem Wort und jeder Tat verbirgt sich im Kern die Dualität des Lebens und des Todes. Ich suche das Leben.
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