John Lennons FBI-Akte (Musik)
TEIL II
Im Februar 1972 wurde die geheimpolizeiliche
Überwachung des Rockstars noch
dichtmaschiger. Zu jener Zeit hatte die
Nixon-Administration, die eine wesentliche
Steigerung der USA-Luftangriffe auf Ziele
im vietnamesischen Norden vorbereitete
und sich zugleich mit der Absicht einer Verminung
der Ausfahrt des Hafens Haiphong
trug, von Plänen politischer Gruppen erfahren,
den für August anstehenden Parteikonvent
der Republikaner im kalifornischen San
Diego zum Anlaß einer großen Protestkundgebung
zu nehmen. Das FBI befürchtete, daß
sich auch Prominente, unter ihnen Lennon, an
der Aktion beteiligen könnten. Senator Strom
Thurmond, ein notorischer Rassist aus dem
Süden der USA, der dem Unterausschuß für
Innere Sicherheit vorstand, richtete daraufhin
ein auf Unterstellungen beruhendes Denunzierungsschreiben
an Justizminister John Mitchell. Dieser wurde übrigens später als
eine Schlüsselfigur des Watergate-Skandals,
des Einbruchs in das Washingtoner Hauptquartier
der Demokratischen Partei, zu mehreren
Jahren Gefängnis verurteilt.
FBI-Direktor Hoover, der Mitchell dienstlich
unterstand, leitete aus der „Warnung“ Thurmonds
für seine Leute die Schlußfolgerung
ab: „Wenn Lennons Visum aufgehoben würde,
könnte sich das als strategische Gegenmaßnahme
erweisen.“ Wenige Tage
darauf wurde die Einwanderungsbehörde
INS eingeschaltet. Einen Monat
später – am 6. März 1972 – ordnete
sie Lennons Deportierung an. Da dieser
sich weigerte, dem Befehl Folge
zu leisten, und Einspruch erhob, entschloß
sich die FBI-Zentrale zu einer
Provokation. Nachdem Hoover noch am 10. April
eigenhändig vermerkt hatte, das
„verdächtige Subjekt“ setze „seine
gegen den Konvent der Republikaner
gerichteten Aktivitäten“ fort,
gab sein Amtsnachfolger Gray im
Frühsommer verschiedenen FBIDienststellen
den „Wink“, Lennon sei
ein starker Verbraucher von Barbituraten
(Schlafmitteln), was „seine Verhaftung
wegen Narkotikamißbrauch
ermöglichen und eine anschließende
Ausweisung gestatten würde“.
Während Nixons Apparat alles unternahm,
um Lennon loszuwerden, entstand eine spontane
Widerstandsbewegung gegen die beabsichtigte
Deportierung. Die Behörden wurden
mit Briefen buchstäblich bombardiert. Unter
jenen, die für Lennon eintraten, befanden sich
Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses,
Bob Dylan und weitere prominente
Musiker, ungezählte Fans. Als der Sänger aus
Liverpool in einem Interview dann auch noch
erklärte, er und seine Frau sollten nur deshalb
des Landes verwiesen werden, weil sie
„Peaceniks“ seien, verstärkte sich die Solidarität
mit den beiden Vietnamkriegsgegnern
enorm. Nun ergriffen auch New Yorks Oberbürgermeister
John Lindsay und die großbürgerliche
„New York Times“ Partei für die mit
Ausweisung Bedrohten.
Erst 1975 gestand man in den USA offiziell
ein, daß Senator Thurmonds „Memorandum“
auf böswilligen Erfindungen und
reinen Mutmaßungen beruht hatte. Ein Bundesrichter
hob daraufhin die INS-Order auf
und gewährte Lennon ständiges Wohnrecht
in den Vereinigten Staaten. Zu dieser Zeit
war Richard Nixon bereits aus Washington
„deportiert“ worden.
In der Nacht vom 8. zum 9. Dezember 1980
wurde John Lennon durch einen dubiosen
Psychopathen mit Polizeikontakten ermordet.
Die Erinnerung an ihn blieb jedoch
lebendig. Im Juni 1982, als in New Yorks
Central Park und in der Rose Bowl von Los
Angeles machtvolle Friedensdemonstrationen
stattfanden, stimmten Hunderttausende
seinen Song „Imagine“ an.
Quelle: Rotfuchs, Ausgabe 07/2018, Seite 26 (Weltbühne, 23/83)
http://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2018/RF-246-07-18.pdf
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