Grits Statement (Gesellschaft)
Als ich das erste Mal nach Hoywoy kam, lernte ich Grit Maroske kennen, eine von ganz vielen dort, die Gundis Lieder genauso liebt wie ich. Wir kennen uns seither lange, ich weiß, dass sie eine von denen war, die bei dem Progrom 1991 fassungslos dastand, ihr schlug viel Feindseligkeit entgegen damals. Jetzt hat sie einen Text verfasst, der vielen aus dem Herz gesprochen ist...
"Eine Partei, die sich nicht eindeutig und 100%ig von einem imperialistischen, faschistischen Angriffskrieg und seinem Anstifter - einem menschenfeindlichen, machthungrigen Despoten distanziert, kann nicht mehr meine Partei sein.
Eine Partei, die nicht 100%ig Solidarität mit einem überfallenen, gequälten, geplünderten Volk zeigt, kann nicht mehr meine Partei sein.
Eine Partei, deren Vertreter von einem "Wirtschaftskrieg" gegen Russland sprechen, während in der Ukraine ganze Landstriche pulverisiert, Menschen verschleppt, gefoltert, vergewaltigt, abgeschlachtet werden, während Krankenhäuser, Kindergärten, Wasser- und Energielieferanten, Betriebe, Schulen, Altersheime zum Ziel von russischen Granaten werden, während Millionen Ukrainer auf der Flucht sind, Angst um ihr Leben und das ihrer Liebsten haben, ihr gesamtes Hab und Gut, ihre Gesundheit und ihre Freiheit verlieren, während eine autonome, selbstbestimmte Nation unterdrückt und ausgelöscht, ihre Kultur und Identität zerstört werden soll, kann nicht mehr meine Partei sein.
Wenn es "links" sein soll, ein ganzes Land, seine Bevölkerung, seine selbst gewählte Unabhängigkeit einem Faschisten zum Fraß vorzuwerfen statt es mit allen Mitteln zu unterstützen, dann bin ich nicht links.
Meine unbedingte Solidarität gilt dem überfallenen Volk der Ukraine und meine ganze Abscheu dem Handeln des Kreml. Da gibt es nicht zu verteidigen, nichts zu relativieren. Es gibt keinerlei Grund, von einem "Wirtschaftskrieg" gegen Russland zu sprechen, denn die Sanktionen sind zum einen notwendig, um Russland klar zu machen, dass die internationale Gemeinschaft diese Art der imperialistischen Kriege nicht duldet und zum anderen: wer so etwas auch nur denkt, spuckt den Opfern der russischen Kriegsverbrechen in Butcha und überall in der Ukraine ins Gesicht. Er spuckt den Vertriebenen, den Trauernden, den Kämpfenden, den Überlebenden ins Gesicht, er spuckt auf ihre persönlichen Verluste, ihre Träume, ihr Streben nach Unabhängigkeit und demokratischen Wandel.
Ich bin und bleibe Antifaschistin. Ich bin und bleibe engagiert gegen Rassismus, Faschismus, Rechtsextremismus, soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung".
Für mich selbst ist das übrigens alles nicht ganz so eindeutig, ich kann auch versuchen, Pazifisten zu verstehen, die nicht wollen, dass Waffen geliefert werden. Und doch bin ich froh, dass die Waffen geliefert werden. Denke auch an die ukrainischen und russischen Mütter, die ihre Söhne verlieren (ich habe auch drei), dann kommt mein Pazifismus wieder durch ("nein, meine Söhne geb ich nicht")...und nicht zuletzt frage ich mich oft, was aus der 16jährigen Ukrainerin wurde, die sich neulich versucht hat, das Leben zu nehmen und die ich notfallmäßig psychiatrisch versorgt habe. Sie war so hoffnungslos, hier alleine mit einer älteren und einer ganz kleinen Schwester, einem sehr kleinen Neffen, die Eltern weiterhin in der Gegend um Cherson...
Nur: Polemik ist nicht hilfreich. Und die Nachdenk-Seiten meist auch nicht, da würde ich mich Elke anschließen, danke Dir. Und Dir, Wolfgang, auch danke für die Buchtipps.
Grüße aus Tübingen Christine
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