DLF 2.10.16: Philipp Blom - "Gigantische Zeitenwende" (Gesellschaft)
Hallo,
ich habe am 2. Oktober im Deutschlandfunk ein Gespräch gehört, das mich nachhaltig beschäftigt und das ich auch Euch mit ein wenig Verzögerung ans Herz legen möchte.
So, 02.10.2016, 17:05 - 17:30 Uhr, Deutschlandfunk
- Kulturfragen
Debatten und Dokumente
Globalisierung, Verunsicherung, Nationalismus - Parallelen zwischen 1914 und heute.
Der Philosoph Philipp Blom im Gespräch mit Karin Fischer
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Die dort vorgebrachten Argumente leuchten mir ein. Hier ein paar wichtige Gedanken daraus:
Die Situation heute ist gefährlich, aber weniger wegen der Migration, sondern vor allem wegen des großen Veränderungsdrucks, der auf den Gesellschaften liegt, z. B. durch Klimawandel (inkl. Sekundärfolgen) und Automatisierung der Arbeitswelt.
Demokratie kann nur bestehen, wenn eine ausreichend große Schicht in der Mitte der Gesellschaft mit der liberalen Demokratie ihre Hoffnungen verbinden kann. Z. B. analog dem Satz: "Euren Kindern wird es einmal besser gehen." Doch diese Hoffnungen schwinden. Und Angst vor Abstieg erzeugt Feindbilder.
Außerdem ist die früher stolze Arbeiterklasse mit dem Verschwinden der Industrie zu einem Prekariat degradiert worden. Sie wird von der Politik allein gelassen - zwar versorgt, aber nicht mehr gehört. Das erzeugt Zorn. Und auch hier werden Feinde gesucht.
Jede Demokratie kann sich ganz demokratisch abschaffen. Oder sich in etwas verwandeln, das sich so nennt, aber nicht mehr ist.
Demokratie ist nicht der logische Endpunkt der Geschichte. Die liberale Demokratie gibt es noch gar nicht so lange. Und sie kann genauso schnell wieder verschwinden, wie sie entstanden ist.
Unsere Gesellschaft war vor 30 bis 40 Jahren noch sehr solidarisch, sehr auf Umverteilung orientiert. Jetzt dividiert sie sich sehr auseinander, Ungleichheit steigt, Chancengleichheit sinkt.
Die Gefahren erkennen und _jetzt_ anpacken - nicht erst, wenn das Dach brennt.
Die Dinge werden sich ändern. Nicht nur im Rest der Welt, sondern auch in Europa. Man kann das ablehnen, aber es wäre so, als wenn man das Altern ablehnt. Man kann gestalten, aber nicht verhindern.
Wir stehen vor einer riesigen Veränderung. Mut und Phantasie werden gebraucht, um zu gestalten und zu bewältigen - bevor sie uns überwältigt.
Aber wir drücken uns derzeit davor: Wir wollen keine Zukunft. Wir wollen nur, daß die Gegenwart nicht aufhört.
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Zum Online-Lesen und -Hören (6 Monate):
http://www.deutschlandfunk.de/1914-...1.de.html?dram:article_id=367481
http://srv.deutschlandradio.de/them...2&audioID=4&audio=490183
Zum Runterladen und Hören (und Behalten):
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/...h_dlf_20161002_1705_124bfcb0.mp3
Eine aufschlußreiche Zeit
wünscht Wolfgang
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So eigensinnig widersprechend ist der Mensch: zu seinem Vorteil will er keine Nötigung, zu seinem Schaden leidet er jeden Zwang. (Johann Wolfgang von Goethe)
In der Natur gibt es weder Belohnungen noch Strafen. Es gibt Folgen.
(Robert Green Ingersoll)
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