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Beate(R)

29.07.2022, 06:43
(editiert von Beate, 29.07.2022, 06:53)
 

Kulturfabrik DDR: Die Lyrik- und Poetenbewegung der Jugend (allgemein)

Die Musik, die Lyrik von Gundi, die Poesie seiner Texte, beeindruckt und beeinflußt uns alle täglich aufs Neue, berührt uns mit ihrer vielfach wehmütigen und melancholischen Art tief in unserem Innersten, spricht unsere stärksten Emotionen an. Gundermann war ein Kind der DDR; seine Songs beinhalten all das, was wir dachten und auch heute denken und fühlen, was uns immer wieder bewegt(e) - in der Arbeit, in der Freizeit, Leben und Sterben, Arm und und Reich, Natur und Umwelt, in und an der Welt um uns herum. Sie fordert uns zum Engagement heraus, zur Verwirklichung unserer Träume und Ideale. Sie begleitet uns seit den 70er Jahren in der DDR, seit dem Singeklub Hoyerswerda, der Brigade Feuerstein 1978.
Alles das war ein Teil der Lyrik- und Poetenbewegung in der DDR, die vor allem auch ihren konkreten Ausdruck in den Poetenseminaren in Schwerin mit den Seminargruppen Lyrik, Prosa, Dramatik, Liedermacher fanden. Im Ergebnis erschien monatlich von 1967 bis 1990 die Lyrikreihe "Poesiealbum" des Jugend-Verlags Neues Leben mit einer ständigen Auflage von 10.000 Exemplaren, die dann die erste Veröffentlichungsmöglichkeit für Nachwuchsautoren war. Teilnehmer an den Poetenseminaren der FDJ waren z. B. Grit Lemke und Bernd Rump, Steffen Mensching, die Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel, Michael Czollek, Frank Viehweg, der Rocktexter Werner Karma.

Die Tageszeitung junge Welt veröffentlicht nun zu ihrem 75. Geburtstag seit einiger Zeit die Reihe »JW im Rückspiegel der Zeit«, in der passend zum Thema und zum Gundi-Forum folgende zwei sehr lesenswerte umfangreiche tiefgehende detaillierte analytische Artikel erschienen sind.
Hier werden alle, die ihre Jugend in der DDR verbracht haben, gerade auch jene, die wie Pfeffi und ich selbst in der Kultur- und Jugendarbeit, bei den vielfältigen Jugendmedien (wie Junge Welt; Neues Leben; DT 64; Jugendfernsehen "rund"; Hallo-das Jugendjournal u.a.) tätig waren, sehr umfassende interessante, bewegende und schöne Erinnerungen und Wiederentdeckungen aufleben lassen. Und für all jene, die später geboren wurden oder aus dem westlichen Teil Deutschlands stammen, ist dieses ein interessante Neuentdeckung.

Die Autorin Burga Kalinowski ist in Österreich geboren und in der DDR aufgewachsen. Sie lernte Bibliothekarin, ging ans Theater und entschied sich schließlich für den Journalismus. Nach der Wende war sie frei tätig für Fernsehen und Printmedien. Sie führte u. a. Interviews mit Stephane Hessel, Walter Momper, Friedrich Schorlemmer, Hans Modrow, Florian Havemann. Kalinowski lebt in Berlin. Sehr empfehlenswert zum Lesen ist ihr Buch "War das die Wende, die wir wollten? Gespräche mit Zeitgenossen". Mit dabei Jutta Wachowiak (Schauspielerin), Ronald Paris (Maler und Grafiker), Rainer Kirsch (Schriftsteller), Hans-Eckardt Wenzel (Musiker und Regisseur), Peter Bause (Schauspieler), Daniel Rapoport (Wissenschaftler), Victor Grossman (Journalist), Gisela Oechel­haeuser (Kabarettistin), Peter-Michael Diestel (Anwalt), Walfriede Schmitt (Schauspielerin), Gerd Fehres (1989/1990 Botschafter in Ungarn), Manfred Stolpe (Ministerpräsident a. D.), Nico Hollmann (Musiker), Willibald Nebel (Kalikumpel Bischofferode), Alicia Garate (chilenische Emigrantin) …

Hier nun der Link zu beiden Texten:
Teil I
http://www.jungewelt.de/artikel/431...tion-nur-nicht-danebengehen.html
Teil II
http://www.jungewelt.de/artikel/431...pegasus-und-gaul-geschichte.html
dazu ein Gespräch mit Gerhard Wolf:
http://www.jungewelt.de/artikel/431...wusst-in-sujets-und-sprache.html

Viel Spaß und Freude beim Lesen und (Wieder)entdecken!

Beate(R)

29.07.2022, 10:09

@ Beate

Kulturfabrik DDR: Die Lyrik- und Poetenbewegung der Jugend

An dieser Stelle möchte ich einen früher geäußerten Gedanken von Sarah aufgreifen - die ja gleichfalls wie Pfeffi und ich - der Jugend-, Kultur- und Medien-Szene entstammt.

In der DDR gab es den "Bitterfelder Weg" ab 1959, der den aktiven Zugang der Werktätigen zu Kultur und Kunst fördern sollte, mit dem die Trennung von Kunst und Leben, Künstler und Arbeiter- bzw. Bauernklasse & Intelligenz, Berufs- und Laienkunst, aufgehoben wurde, was sich in vielfältigster Form praktisch darstellte, wie den in 40 Jahren gleichbleibenden hoch subventionierten äußerst niedrigen Buchpreisen (von 50 Pfennig für Reclam-Romane bis max. 10,00 Mark), den "geschenkten" Kino-, Theater- und Opern-Preisen, den z.T. pompösen Kulturhäusern in jeder kleinen Stadt, den Arbeiterfestspielen, Zirkel Schreibender Arbeiter usw.

In der BRD gab es gleichfalls einen von den Regierenden als "links-radikal und -extremistisch" verunglimpft, von den Herrschenden als "kommunistisch verseucht und unterwandert" betitelten und verleumdeten Pendant. Das war ab 1970 der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, in dem ebenfalls neben renommierten Schriftstellern (Günter Wallraff, Erika Runge, Angelika Mechtel, Max von der Grün, Erasmus Schöfer, Peter Schütt u.a.) ca. 500 Arbeiter über ihre unmittelbare Tätigkeit in der Industriegesellschaft in Lyrik, Prosa, Hörspiel etc. schrieben. Ziel war die Etablierung von Arbeitern als Berufsschriftsteller zu fördern und die Schulung und Förderung angehender Arbeiterschriftsteller aktiv zu unterstützen. Die Werke wurden im renommierten Fischer-Verlag und im gewerkschaftsnahen Bund-Verlag, auch im Eigenverlag, veröffentlicht.

Die legendäre linke Literatur-Zeitschrift "Kürbiskern" aus dem Damnitz-Verlag München, die von 1965 - 1987 erschien, machte sich hier ebenfalls sehr verdient. Ich habe, dank Sarah aus ihrer Privatbibliothek, alle Ausgaben der 23 Jahre des "Kürbiskern" durcharbeiten können. Er ist in diesem Sinne eine wahre Fundgrube. Ich möchte jedem, der über eine öffentliche Bibliothek seiner Stadt an diese hervorragenden insgesamt 89 Bände herankommt, diese wärmstens empfehlen. Er spiegelt die alternative linke Kulturszene in Literatur, Kritik und Kunst der BRD im besten und umfassendsten Sinne wider. Für jeden an der Kultur Interessierten ist es eine echte Bereicherung. Alleine schon, weil man aus erster Hand die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Arbeits-, Gedanken- und Lebenswelt von Ost und West der 60er, 70er, und 80er Jahre erlesen kann.
Und die Arbeitswelt und Lebenswelt von Heute erlebt ja jeder von Euch tagtäglich am eigenen Leib!

Christine(R)

02.08.2022, 05:56

@ Beate

Kulturfabrik DDR: Die Lyrik- und Poetenbewegung der Jugend

Max von der Grüns "Vorstadtkrokodile" war für mich als Kind ein ganz wichtiger Film. Es hat dann ja sogar in diesem Jahrtausend ein Remake gegeben, den habe ich nie gesehen. Aber damals war es ein Meilenschritt...eine ganz andere Art von Film, die sofort mein Herz erreichte.

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