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Christine(R)

21.03.2019, 21:07
 

Wo nachts im Wald die Steine schrein (Gundermann)

Der Meister der wunderschönen Gundermann-Arrangements wählt jetzt das kleine Besteck. Heiner Kondschak, Chef der Randgruppencombo, hat eine neue CD mit Gundermann-Liedern aufgenommen. Und die ist ein bisschen anders als das, man das bisher von ihm kennt. Kammermusik vom Feinsten ersetzt für die CD und eine Tournee die große Combo, mit der er Gundermann sehr früh nach dessen Tod vor allem in der Region Tübingen, aber auch bei etlichen Ostdeutschen bekannt gemacht hat.

Für das Reutlinger Theater Tonne hat Kondschak jetzt ein neues Theaterstück geschrieben, bei dem er Einblick in sein Tonstudio bietet. Dort erwartet er seine Band zu einer Aufnahme. Doch den Musikern kommt was dazwischen….

Das ist ein bisschen wie im wahren Leben. Seine geliebte Randgruppencombo besteht aus talentierten und engagierten Gundermann-Interpreten, die aber meist als Schauspieler über die Republik verteilt an verschiedenen Theatern verpflichtet sind. So hat sich Heiner Kondschak eben selbst hinter die Instrumente geklemmt, und zwar hinter alle, die zu hören sind. Dabei hat er sich auch durchaus für Außenseiter unter den Instrumenten entschieden: Für ein Kinderklavier, für ein Harmonium, für eine Melodika. Ungewöhnliche Instrumente ist man von ihm gewohnt. Lange Jahre spielte er bei der Randgruppencombo die Drehleier oder lud einen Dudelsackspieler zu den Konzerten ein, der bei einigen Liedern mitspielte.

Doch die Hauptinstrumente sind auch diesmal diejenigen, die er bei seinen Theaterstücken in Tübingen auch sonst so zahlreich und viel in den Händen hat: Gitarre, Klavier, Banjo, Low- und Tin whistle, Mundharmonika, Saxophon, Bass, Schlagzeug. Fehlt nur die Querflöte.

Und seiner Mandoline kommt natürlich eine besondere Rolle zu. Für das Instrument hat Heiner Kondschak schon mal eine ganze Oper geschrieben, als ihm im Urlaub der Gitarrenverstärker kaputtging und er deshalb notgedrungen auf die Mandoline umsteigen musste. Wer seine Inszenierungen der letzten Jahre kennt, ahnt, dass es wohl zwischenzeitlich zum Lieblingsinstrument geworden ist. Jetzt zieren die neue CD neun Intermezzi mit Mandoline und ein Vorspiel mit derselben. Und auch auf dem Cover ist die Mandoline Hauptperson. Die Intermezzi sind ganz verschieden, mal kurz, mal lang, mal ruhig, mal temperamentvoll. Nicht zu barock, nicht zu modern, fantasie- und kunstvolle Variationen mit einem einzigen Instrument, die einfühlsam von einem zum anderen Gundermann-Lied überleiten.

Heiner Kondschak sagt man einen guten Draht zu seinen Fans nach, zurecht. So macht er auch nicht den Fehler und versucht sich an Liedern ganz neu, die für die Fans in der Form unverzichtbar sind, so wie sie sie kennen. „Drachentöters Vater“ ist so ein Lied – das Solo zu Beginn ist nur leicht verändert, dafür ist ein Solo ja auch da, und die Querflöte wird durch die Whistle ersetzt, doch ansonsten ist die Flöten- und die Gitarrenstimme wie bei dem Arrangement der Randgruppencombo. Klug – denn schöner geht eigentlich nicht. Auch bei „Keine Zeit mehr“ versucht Heiner Kondschak sich nicht selbst zu überholen. Die Begleitung ist schlanker, aber zum Beispiel auf die vielgeliebte Abschluss-Sequenz mit der Tin Whistle wird nicht verzichtet.

Es gibt mehr als genug Neues zu entdecken: Das Vorspiel zur ganzen CD heißt „Donnat“ – und das kann man googlen, um zu enträtseln, welcher Ort in welcher schönen Landschaft sich dahinter verbirgt. In „In meines Vaters Land“ ersetzt die Mundharmonika die Querflöte (die erste Interpretation war auf der RGC-CD von 2004), und die gesamte Begleitung kommt ungewohnt groovig daher, im Zwischenspiel sogar auch Tanzmusik-ähnlich. Hier hört man zum ersten Mal auf der CD Heiner als Background-Sänger für sich selbst, und das kommt gut, genauso wie die Klavierbegleitung, dann der leise Ausklang mit der Gitarre.
„Wenigstens bis morgen“ spielt Kondschak wie auch bei den aktuellen Randgruppencombo – Konzerten mit dem Banjo. Die Mitglieder der Aids-Hilfe Tübingen hatten sich das Lied einst ausgesucht, damit er es ihnen singt, und damals war er gerade mit seinem Pete Seeger – Abend beschäftigt und auf das amerikanische Zupfinstrument geeicht. So gelangte es ins Repertoire. „Leine los“ kommt ganz anders daher wie auf der allerersten längst vergriffenen Randgruppencombo-CD: Das Lied ist mit Klavierbegleitung zu hören anstatt wie sonst bei der Combo mit Gitarre und Bläsern. „Krieg“ profitiert von einem wunderschönen Mandolinenvorspiel und wie immer von Heiner Kondschaks kräftiger, lebendiger Stimme, bei der 3. Strophe sogar passend eindringlich mit sich selbst im Chor.

Christine(R)

21.03.2019, 21:07

@ Christine

Wo nachts im Wald die Steine schrein

Und Brigitta? Das Lied über die Tagebaugrube, in der jeder Baum den Steckbrief des Tagebauarbeiters unterm Laub trägt? Ein wunderschönes Vorspiel mit Gitarre, zuerst sehr gut dem Original nachempfunden, dann baut es die Liedmelodie weiter aus, die Mandoline kommt dazu, - und als Zwischenspiel hören wir die Low whistle, mit deren Klang Kondschak seine Theater-Fans in der Region Tübingen immer wieder verzaubert. „Es kommt der Tag“ wird dominiert vom Schlagzeug und einer kräftigen Lead-Gitarre, das tut dem rockigen Stück sehr gut. „Vater“ intoniert Kondschak leise und zart, auch hier sind eine Whistle und ein Saxophon dabei. Ein Kinderklavier kommt neben Gitarre und Mandoline bei dem vielgeliebten Eisenbahner- Lied zum Einsatz, bei dem es auch um Kinder geht („und willst du reich sein, dann liebe dir ein Kind…“).

„Oweh Oweh“ ist auch eine schlanke und einfühlsame Version des Gundermann- Lieds mit Gitarre und Mandoline, die bereits in Kondschaks Konzert-Theaterstück „On the road“ im letzten Jahr in Tübingen zu hören war - und auch mal in seiner integrativen Musikrevue „Kondschaks Schmuckschatulle“, musikalisch auch ganz anders wie die erste Interpretation auf der ersten CD von 2001.

Das letzte Mandolinenstück ist dem Tübinger Autor und ehemaligen SWR-Kulturchef Thomas Vogel gewidmet. Er starb 2017, und die Zusammenarbeit von Kondschak und Vogel fand deshalb ein abruptes Ende.

Insgesamt eine feinfühlige CD mit kunstvollen Intermezzi, gewohnt musikalisch hochwertig, meisterlich und einfühlsam den Gundermann präsentierend, ein neues musikalisches Juwel für die Gundermann-Szene. Einige Konzerte der Tournee sind schon ausverkauft. Die CD-Release-Party war am 16.3.19 um 20 Uhr in der TanzEtage Gomaringen. Von dort geht der Musiker mit Mona Maria Weiblen (Gesang, Saxophon) und Christian Dähn (Percussion, Ex – und Gründungsmitglied der Randgruppencombo) auf Tournee nach Berlin, in die östlichen Bundesländer und in die Region Tübingen. Die kleine Truppe präsentiert die Gundermann-Lieder teils nochmal ganz anders wie auf der CD! Christian Dähn ist ein Zauberer in Sachen Percussion und weiterer teils sehr exotischer Instrumente. Und Mona Maria Weiblen ist unglaublich jung und hat eine wunderschöne, ganz besondere Stimme.

Heiner Kondschak hat im Interview mal gesagt, dass er nur wenig im letzten Jahrtausend versäumt habe. Ihm fiel Gundermann ein: Er hätte gerne ein Konzert des Liedermachers besucht, aber hat ihn zu spät entdeckt. Auf den Fotos im Booklet der neuen CD sieht man den Tübinger Musiker und Regisseur auf einer Wiese in der Sonne sitzen. Neben ihm eine Katze, sicher eine fremde. Der Musiker wendet sich ihr zu. Es hat eben jeder seinen Gundermann, würde Kondschak sagen.

CD-Release-Party: 16.3.19, Tanzetage Gomaringen (siehe Konzertbericht).

Weitere Konzerte: 23.3.19 Mühlhausen, 29.3.19 Plauen, 30.3.19 Berlin Volksbühne, Festival für Musik und Politik, 31.3.19 Zollbrücke, Theater am Rand, 13.4.19 Pirna, 15.4.19 Berlin, Pfefferberg, 17.4.19 Senftenberg, 27.4.19 Leipzig, 18.5.19 , 27.5., 5.10., 8.11., Reutlingen Theater Tonne, 12.10.19, 10.11.19 Tübingen (teils schon ausverkauft).

Christine(R)

22.03.2019, 19:59

@ Christine

Wo nachts im Wald die Steine schrein

Mit den Fotos vom Cover hier bei der deutschen Mugge:
http://www.deutsche-mugge.de/index....-im-wald-die-steine-schrein.html

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