Ich bin da noch nicht so ganz darüber hinweg: 15 Jahre Auftrittsverbot und 10 Jahre Gefängnis (!!!!!!!) bekam Pete Seeger während der McCarthy Ära, weil er sich nicht von der kommunistischen Partei distanzierte und sich seine Liedtexte nicht diktieren ließ. Arthur Miller half ihm aus dem Gefängnis. Die Familie Seeger ging schließlich auf Weltreise und brachte aus aller Herren Länder Musik mit, die man heute überall singt.
Über 70 Jahre war Pete Seeger mit seiner Frau verheiratet, bis sie in hohem Alter starb. Sie wurden in jungen Jahren mit ihren Kindern vom Ku-Klux-Klan angegriffen und verletzt. Kein Wunder, daß sich Heiner Kondschak und das Theater Lindenhof dafür entschieden, Pete Seegers Leben zu vertonen und seinen Liedern mit einem inszenierten Konzert in der Region Tübingen nochmal neu zur Berühmtheit zu verhelfen.
Alle Konzerte, mit denen ja auch der 35. Geburtstag des Theaters gefeiert werden, sind längst ausverkauft. Die denkmalgeschützte Fabrik Pausa ist ein wunderbar passendes Setting für Seegers Musik (Mössinger Generalstreik, einzigster Aufstand nach 1933). Mein Respekt für dieses Leben mit Rückgrat und dominiert von ungeheurem Mut ist riesig. Wunderbar inszeniert, eindrucksvoll arrangiert - und aktueller denn je!! Prachtvolle Kostüme, der jeweiligen Zeit angepaßt, talentierte Musiker, ungeheuer wandlungsfähige Schauspieler inklusive meinem Lieblingsschauspieler Berthold Biesinger, der nicht nur die Freiheitsstatue spielte, ein traumhaft singender Chor namens Semiseria, Riesenengagment von allen Beteiligten und ein wunderschöner Abend für die Zuschauer, die ganz viel mit nach Hause nehmen!
Gundermanns Seilschaft e.V. Tübingen war überglücklich, nicht zuletzt auch wegen des sympathischen und engagierten Besuchs aus Holland! Und die Planung für die nächste Mini-Ausstellung und superspannende Projekte in der Zukunft kam auch nicht zu kurz!
Für RGC-Fans: Heiner spielt selbst den älteren Pete Seeger und muß ordentlich in die Saiten des fünfsaitigen Banjos greifen. Außerdem spielt er während des inszenierten Konzerts noch ganz viele andere Instrumente. Jonathan Gray, der Bläser und Saiteninstrumentalist ist mit von der Partie. Ich erwähne jetzt hier auch nicht, welche Instrumente er noch spielt.
Außerdem sehr beeindruckend auch Christian Dähn, der ehemalige Schlagzeuger der Randgruppencombo. In einem der emotionalsten Momente des Stücks sitzt er ganz vorne mit Cajon alleine auf der Bühne, gibt den Takt an bei "We shall overcome"....und keines der bekanntesten Pete Seeger-Lieder klingt auch nur ein bißchen nach "schon tausend Mal gehört".
In einer Szene aus dem Lindenhof-Konzert darf das Publikum Pete Seegers "Rainbow race" mitsingen. Außerdem noch "Guantanamera" und ein südafrikanisches Lied, das die Seegers von ihrer Weltreise mitbrachten.
Zu Rainbow Race: der norwegische Attentäter Breivik mochte das Lied nicht und kritisierte in dem Prozeß gegen ihn, daß es überall im Land in allen Kindergärten gelernt wird. Hierin sah er eine kommunistische Unterwanderung....also haben sich zwei Kindergärtnerinnen mit einem bekannten skandinavischen Liedermacher zusammengetan und dieses Lied vor dem Gerichtsgebäude während des Prozesses gegen Breivik gesungen.
Die Verhandlung mußte unterbrochen werden und Breivik hielt sich die Ohren zu. Der Grund: 40000 Menschen waren dazugekommen, um "rainbow race" mitzusingen. Die waren einfach zu laut. Eine solche Episode durfte natürlich nicht fehlen. |