Raus aus Berlin wollte sie immer schon, die Gundermann-Party. Nach Strausberg im März nun Frankfurt – aber etwas skeptisch war sie schon, als sie am Nachmittag den Oderspeicher erreichte. Würde es hier genug Leute geben, die sich für Gundermann interessieren? Und der Raum im Erdgeschoß wie eine Gaststätte – kann das gehen?
Dann aber kamen die vom Verein, nahmen die Tischdecken ab, hängten überall Papierbahnen mit Gundermann-Sprüchen auf und über der kleinen Bühne eine Katzenfahne und das Motto „alle oder keiner“. Sie fanden für Ute Donners ausdrucksstarke Photoausstellung „Protest 2004“ einen schönen Platz auf dem Hopfenboden, und nach einigem hin und her konnten sie sich sogar darauf einigen, wie man den Raum für die Diskussion einrichtet. Im Zwischengeschoß legten sie Texte von und über Gundermann aus und sicherten sich die ersten Arbeitsexemplare des Gundermann-Kalenderalmanachs 2005.
Da war die Party schon etwas ruhiger, sie war ja nicht allein. Und als dann Haase & Band sich vom ersten Schrecken angesichts der kleinen Bühne erholt hatten, mit der vom Oderspeicher organisierten Technik klar kamen und ein guter Sound zu erwarten war, sah sie dem Abend recht fröhlich entgegen. Kurz vor sieben standen schließlich die ersten Leute aus Frankfurt und Umgebung am Einlass, aus Wulkow kamen sie gar im Dutzend und auch einige Berliner sah man.
Die Party kam in Gang, sie mußte sich fast schon etwas verzetteln. Gern hätte sie auf dem Hopfenboden den Dokumentarfilm „Eiszeit“ über den Sozialabbau in Berlin bis zu Ende gesehen und gehört, was der Bewegungsaktivist Peter Grottian an Alternativen anzubieten hat, aber unten hatten Haase & Band schon ihren ersten halbstündigen Part mit Gundermann-Songs und eigenen Liedern.
Nach einem guten Bier (vielleicht waren es auch drei) kam die Party auf die Idee, sich in zwei kleine parties zu teilen. So konnte sie Jörg Hauswald zuhören, wie er über seine Zusammenarbeit mit Gundermann in der DDR-Singeszene, über Gundis Leben und Lieder erzählte, und per Video Gundermann im Gespräch mit Anne Will erleben – und auch mitdiskutieren über „Alternativen zum Sozialabbau“. So ganz hat sich die kleine partie dann doch nicht getraut, dort zu sagen, wie sie die Welt ändern würde, aber nachdenkenswert fand sie schon, was die Diskutanten zu sagen hatten: Martin Merk zu Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen ehrenamtlichen Engagements, Heinrich Fink über die Notwendigkeit einer bedarfsorientierten Grundsicherung und die Neuverteilung von Arbeit und Arbeitszeit, und Alexander Woitas über das Projekt Berliner Regionalgeld. Das Thema bleibt uns wohl für längere Zeit, dachte die kleine partie, und um besser denken zu können, setzte sie sich mit ihrer anderen Hälfte lieber wieder zur Party zusammen.
Das war auch für das, was nun noch kam, besser. Sie konnte ganz ungeteilt den Gundermann-Interpretationen von Ingolf Lenz lauschen und Maik Altenburgs pointierter Lyrik folgen. Und beim abschließenden 90minütigen Konzertteil von Haase & Band ging es ihr dann wie vielen der etwa 180 Besucher – die Glückshormone schlugen durch. Zuhören, Mitsingen („alle oder keiner“), Hüpfen, Tanzen.
Nachts um eins war die Party noch euphorisiert, aber heiser und schon ein bißchen müde. Sie setzte sich zu den Leuten vom Verein, und sie redeten noch ein wenig über den Abend und was sie in Zukunft vorhaben. Die Party wünschte ihnen eine schöne Heimfahrt, dann schlief sie ein. Und träumt davon geweckt zu werden, und fragt sich, in welche Stadt es dann gehen wird, und ob es wieder so schön werden kann. Wie in Frankfurt an der Oder.
➥ Bilder - Oderspeicher