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Sarah(R)

20.09.2018, 11:31
(editiert von Sarah, 20.09.2018, 11:43)
 

John Lennons FBI-Akte (Musik)

TEIL I

John Lennons FBI-Akte
Vermutlich ist dem einen oder anderen
Leser bekannt, daß sich der Ex-Beatle,
Rockstar, Texter und Komponist John Lennon
in den siebziger Jahren der besonderen „Fürsorge“
des damaligen Chefs der amerikanischen
Geheimpolizei J. Edgar Hoover erfreute.
Während der FBI-Direktor in der Öffentlichkeit
vordergründig um den Eindruck bemüht
blieb, er halte den in die USA übergesiedelten
Briten Lennon und dessen japanische Frau
Yoko Ono wegen zeitweiliger Kontakte
zu kleinbürgerlichen Radikalen
und wegen des unterstellten
Konsums von Rauschgift unter Aufsicht,
verfolgte er das Künstlerpaar
tatsächlich aus einem ganz anderen
Grunde: John Lennon und Yoko Ono
waren engagierte Gegner des Vietnamkriegs.
Jetzt, nach Ablauf der Geheimhaltungsfrist,
ist ein Teil der Lennon
„gewidmeten“ Aktenberge für wissenschaftliche
Zwecke, wie es heißt,
freigegeben worden. Jon Wiener, ein
Historiker der University of California,
der gegenwärtig an einer Lennon-Biographie
arbeitet, erhielt
Gelegenheit, Einblick in Hoovers
illustre Hinterlassenschaft zu nehmen.
Wie er mitteilte, wurden ihm
„sechsundzwanzig Pfund fotokopierter
Unterlagen“ zur Verfügung
gestellt. Der Lennon-Stammvorgang des im
Washingtoner FBI-Hauptquartier installierten
Central Records System sei eine „100erFall-Akte“,
berichtete Wiener. Die Zahl 100
bedeute hier „Innere Sicherheit“. Lennons
Ordner müsse eigentlich 288 Seiten umfassen,
199 Blätter seien jedoch von Reagans Justizministerium
gesperrt worden, da „sensible
Interessen der nationalen Verteidigung und
der Außenpolitik der USA“ auf dem Spiel stünden.
Auch zahlreiche Passagen der ihm ausgehändigten
Unterlagen habe man geschwärzt,
teilte Wiener mit. Auf manchen Seiten sei
lediglich die Überschrift nicht gelöscht worden.
Aus den Lennon-Akten des Hoover-Apparats
geht hervor, daß der Künstler jahrelang
quasi „rund um die Uhr“ optisch und akustisch
beschattet worden ist, wobei die verschiedensten
USA-Dienststellen in die Sache
eingeschaltet wurden.
Während sich J. Edgar Hoover (bis kurz vor
seinem Tode im Mai 1972) und sein interimistischer
Nachfolger L. Patrick Gray regelmäßig
über den „letzten Stand der Dinge“
unterrichten ließen, sorgten sie zugleich
für die Weiterleitung der von ihren Agenten
fabrizierten Ermittlungsberichte an
sämtliche einschlägigen Behörden. So finden
sich in der Akte Schriftstücke, die an die
108. Gruppe der Militärabwehr, den Secret
Service, die Marineabwehr, den Einwanderungs-
und Naturalisierungsdienst INS, das
USA-Außenministerium, die New Yorker
Staatsanwaltschaft und die CIA adressiert
sind. In der Chiffriersprache der FBI-Dokumente
wurde Lennon namentlich kaum
erwähnt. Statt dessen bediente man sich
meistens einer Nummer und der Bezeichnung
„SM-REVACT“ (Security Matter – revolutionary
Activities), um deutlich zu machen, daß
es sich um einen die USA-Sicherheit gefährdenden
Staatsfeind handele.
FBI-Akten über Lennon wurden indes nicht
nur in der Zentrale der „Firma“ geführt, sondern
auch von Außenstellen des Bundesuntersuchungsamtes.
Besondere „Verantwortung“
lastete dabei auf der New Yorker FBI-Filiale.
In ihren nur zum Teil freigegebenen Dossiers
befanden sich Mitteilungen auf Lennon
angesetzter Spitzel, Niederschriften von FBIAgenten,
die dem Sänger gefolgt waren, und
Hinweise auf die angewandten Methoden zur
Informations„beschaffung“.
Ein „systemfeindliches“ Konzert, das im
Dezember 1971 vor 15 000 College-Studenten
in Ann Arbor (Michigan) stattfand, hatte
die Aufmerksamkeit des FBI auf Lennon und
Yoko Ono gelenkt. Hoover schickte damals
gleich ein ganzes Rudel seiner Spezialagenten
aus, um „griffiges Material“ über den Ablauf
der Veranstaltung zusammenzutragen. Tags
darauf lag ein 26 Seiten langer Ermittlungsbericht
auf seinem Tisch. Aus ihm ging die
Abneigung des Künstlerpaares gegen den
Vietnamkrieg eindeutig hervor.

TEIL II FOLGT!

Sarah(R)

20.09.2018, 11:34
(editiert von Sarah, 20.09.2018, 11:44)

@ Sarah
 

John Lennons FBI-Akte

TEIL II

Im Februar 1972 wurde die geheimpolizeiliche
Überwachung des Rockstars noch
dichtmaschiger. Zu jener Zeit hatte die
Nixon-Administration, die eine wesentliche
Steigerung der USA-Luftangriffe auf Ziele
im vietnamesischen Norden vorbereitete
und sich zugleich mit der Absicht einer Verminung
der Ausfahrt des Hafens Haiphong
trug, von Plänen politischer Gruppen erfahren,
den für August anstehenden Parteikonvent
der Republikaner im kalifornischen San
Diego zum Anlaß einer großen Protestkundgebung
zu nehmen. Das FBI befürchtete, daß
sich auch Prominente, unter ihnen Lennon, an
der Aktion beteiligen könnten. Senator Strom
Thurmond, ein notorischer Rassist aus dem
Süden der USA, der dem Unterausschuß für
Innere Sicherheit vorstand, richtete daraufhin
ein auf Unterstellungen beruhendes Denunzierungsschreiben
an Justizminister John Mitchell. Dieser wurde übrigens später als
eine Schlüsselfigur des Watergate-Skandals,
des Einbruchs in das Washingtoner Hauptquartier
der Demokratischen Partei, zu mehreren
Jahren Gefängnis verurteilt.
FBI-Direktor Hoover, der Mitchell dienstlich
unterstand, leitete aus der „Warnung“ Thurmonds
für seine Leute die Schlußfolgerung
ab: „Wenn Lennons Visum aufgehoben würde,
könnte sich das als strategische Gegenmaßnahme
erweisen.“ Wenige Tage
darauf wurde die Einwanderungsbehörde
INS eingeschaltet. Einen Monat
später – am 6. März 1972 – ordnete
sie Lennons Deportierung an. Da dieser
sich weigerte, dem Befehl Folge
zu leisten, und Einspruch erhob, entschloß
sich die FBI-Zentrale zu einer
Provokation. Nachdem Hoover noch am 10. April
eigenhändig vermerkt hatte, das
„verdächtige Subjekt“ setze „seine
gegen den Konvent der Republikaner
gerichteten Aktivitäten“ fort,
gab sein Amtsnachfolger Gray im
Frühsommer verschiedenen FBIDienststellen
den „Wink“, Lennon sei
ein starker Verbraucher von Barbituraten
(Schlafmitteln), was „seine Verhaftung
wegen Narkotikamißbrauch
ermöglichen und eine anschließende
Ausweisung gestatten würde“.
Während Nixons Apparat alles unternahm,
um Lennon loszuwerden, entstand eine spontane
Widerstandsbewegung gegen die beabsichtigte
Deportierung. Die Behörden wurden
mit Briefen buchstäblich bombardiert. Unter
jenen, die für Lennon eintraten, befanden sich
Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses,
Bob Dylan und weitere prominente
Musiker, ungezählte Fans. Als der Sänger aus
Liverpool in einem Interview dann auch noch
erklärte, er und seine Frau sollten nur deshalb
des Landes verwiesen werden, weil sie
„Peaceniks“ seien, verstärkte sich die Solidarität
mit den beiden Vietnamkriegsgegnern
enorm. Nun ergriffen auch New Yorks Oberbürgermeister
John Lindsay und die großbürgerliche
„New York Times“ Partei für die mit
Ausweisung Bedrohten.
Erst 1975 gestand man in den USA offiziell
ein, daß Senator Thurmonds „Memorandum“
auf böswilligen Erfindungen und
reinen Mutmaßungen beruht hatte. Ein Bundesrichter
hob daraufhin die INS-Order auf
und gewährte Lennon ständiges Wohnrecht
in den Vereinigten Staaten. Zu dieser Zeit
war Richard Nixon bereits aus Washington
„deportiert“ worden.
In der Nacht vom 8. zum 9. Dezember 1980
wurde John Lennon durch einen dubiosen
Psychopathen mit Polizeikontakten ermordet.
Die Erinnerung an ihn blieb jedoch
lebendig. Im Juni 1982, als in New Yorks
Central Park und in der Rose Bowl von Los
Angeles machtvolle Friedensdemonstrationen
stattfanden, stimmten Hunderttausende
seinen Song „Imagine“ an.

Quelle: Rotfuchs, Ausgabe 07/2018, Seite 26 (Weltbühne, 23/83)
http://rotfuchs.net/files/rotfuchs-ausgaben-pdf/2018/RF-246-07-18.pdf

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